Zweifellos sind Web-Seminare im virtuellen Raum günstiger als Seminare an physischen Orten. Sie sind nicht nur kostengünstig, sondern auch insgesamt äußerst effizient, schließlich gibt es weder zeitaufwendige Anfahrten noch Rückfahrten und die Aufwendungen für Fahrtkosten, Verpflegungskosten und Übernachtungen entfallen. Verständlich, dass Arbeitgeber immer häufiger ihre Personaler und Betriebsräte auf die kostensparende Teilnahme an Online-Seminaren verweisen.
In der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Beschluss vom 24.11.2022, Az.: 8 TaBV 59/21) war ein Streit zwischen einer Luftverkehrsgesellschaft und ihrer Personalvertretung zu klären. Die Personalvertretung wollte für die Teilnahme an einem Seminar zum Betriebsverfassungsrecht vom Arbeitgeber ca. 3.100 € für Schulung, Übernachtung und Verpflegung bezahlt haben. Dem Arbeitgeber war dies zu teuer und so schlug dieser die Teilnahme an einem kostengünstigen Web-Seminar vor, woraufhin gegen den Arbeitgeber geklagt wurde.
Das LAG war nun in seiner Entscheidung der Auffassung, dass der Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 BetrVG die Kosten zu tragen hat, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, wenn das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Diese Voraussetzungen hätten hier vorgelegen. Die Personalvertretung musste sich nicht auf ein Web-Seminar verweisen lassen. Zwar soll ein Betriebsrat auch die Kosten für den Arbeitgeber im Auge behalten, es bestünde jedoch ein weiter Beurteilungsspielraum.
Nach Ansicht des Gerichts spricht für die Teilnahme an einem Seminar vor Ort anstelle eines Web-Seminars, dass der Lerneffekt im Rahmen einer Präsenzveranstaltung deutlich höher sei als bei einem Web-Seminar. So sei ein Austausch und eine Diskussion über bestimmte Themen bei einem Web-Seminar in weitaus schlechterem Maße möglich seien als bei einer physischen Veranstaltung. Hinzu kommt, dass bei einem Web-Seminar die Hemmschwelle weitaus höher sei, sich online an Diskussionen zu beteiligen, als bei einem Seminar vor Ort. Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber die anfallenden Kosten für das Seminar übernehmen muss. Allerdings kann der Arbeitgeber gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts noch Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht einlegen.
Ist eine solche Entscheidung zeitgemäß und soll die Qualität von Web-Seminaren tatsächlich nicht der eines Präsenzunterrichts entsprechen können? Ist die Qualität nicht vielmehr an demjenigen zu messen, welcher das Thema referiert? Leben wir nicht alle in Zeiten, in denen wir den Gürtel enger schnallen müssen und auch so viele Arbeitgeber, wie nie zuvor, mit ihren Betrieben um das blanke Überleben kämpfen?
Mehr dazu und ausführliche Details zum Urteil finden Sie im LEGIS BLOG der Kanzlei LEGISPRO Arbeitsrecht.
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